Der Foscari steht auf einem Felsen, der Wind lässt den Umhang zwischen dem goldenen Boden und dem blauen Himmel gleiten. Er sieht voraus, über das verdorrte Gras, den Mohn, nimmt tief Luft.
Er spürt Genugtuung. Aber er weiß nicht wieso. Ihm kommen Gedanken an früher, an das Löwenleben, damals, als er noch mit den anderen unterwegs gewesen war. Vor Tantalus, vor der Pest, vor dem Bruch. Er kann es nicht genau definieren, aber er hat ein merkwürdiges Gefühl, so, als hätte sich etwas geändert.
Man sagte, wenn zwei Gegner sich auf Leben und Tod nicht ausstehen konnten, dann gab es ein verborgenes, geheimes Band zwischen ihnen. Seine Nemesis, sein Rivale, das war Tantalus. Aber genau da glaubte er, dass sich etwas geändert hatte. Er konnte diese Intuition schwer beschreiben, aber es erschien ihm, dass dort, wo die jahrelange Bitterkeit gewuchert hatte, nun... nichts mehr war. Als fiele ihm ein überflüssiges, verfaultes Stück Fleisch vom Herzen ab, das ihn ewig belastet hatte.
Aber was konnte das nur sein? Sollte es tatsächlich geschehen sein, dass Tantalus...?
Unmöglich.
Ein Löwe konnte Ärger riechen. Man sprach vom Löweninstinkt, der natürlich mehr als das nur fasste, aber allgemeinhin war er zuvorerst da, um einen Löwen vor einer Gefahr zu warnen. Er schlug an, man war alarmiert, wusste, dass es gleich zur Sache ging. Der Löweninstinkt war aber niemals völlig still. Er lauerte, immer im Hintergrund, immer, solange es etwas gab, was bedrohlich war.
Aber seit einiger zeit war er fort. So, als gäbe es nichts, wovor man sich fürchten musste.
Eine Empfindung, die er seit Jahren nicht mehr gespürt hatte.
Aber wer...?
_________________ Cesare FoscariOberster Verwalter der Markthalle, Besitzer des Landgutes Sant' Ambrogio. Kaufmann, Ratsherr, Wein- und Kunstliebhaber. Das Decamerone en miniature: Die Euganeischen Anekdoten.
|